Vorerst keine weiteren Überholverbote für Lastkraftwagen nötig
Chemnitz. Auf sächsischen Autobahnen wird es vorerst keine weiteren Überholverbote für Lastwagen geben. Im Gegenteil: Auf einigen neu ausgebauten dreistreifigen Abschnitten, wie der A 4 bei Hohenstein-Ernstthal und der A 14 bei Leipzig, wurden sie sogar aufgehoben. Damit dürfen sich derzeit nur auf 42 Kilometern, das sind etwa vier Prozent des Autobahnnetzes, Brummis keine Elefantenrennen liefern. Schwerpunkte sind zweistreifige Fahrbahnen, so die A 4 zwischen Ohorn und Burkau in Ostsachsen, die A 72 zwischen den beiden Zwickauer Anschlussstellen und die A 72 im Vogtland.
Wie der Sprecher des Autobahnamtes Sachsen, Burkhard Zscheischler sagte, wurde der Verkehr auf allen zweistreifigen Autobahnen überwacht, um Daten für eine mögliche Ausweitung der Überholverbote zu sammeln. Als Faustregel gilt, dass ein Verbot dann angeordnet wird, wenn mehr als 2000 Fahrzeuge pro Stunde den betreffenden Abschnitt passieren. "Die letzten Zählungen bestätigten lediglich die bestehenden Verbote. Es wurden daher nur wenige ergänzend angeordnet." Die Behörde mache es sich dabei nicht leicht, denn es müssten auch die Transportbemühungen der Spediteure gesehen werden, so der Sprecher. Der Richtwert von 2000 Autos sei zugleich keine fixe Größe. Ständig beobachtet würden Kurven, Steigungen, Gefällestrecken, die Tageszeiten und das Unfallgeschehen.
So ergab eine Untersuchung, dass auf der A 4 zwischen dem Dreieck Dresden Nord und der Anschlussstelle Hermsdorf ein Lkw-Überholverbot nur montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr sinnvoll ist. Dem entsprechend wurde es angeordnet.
Statt starrer Verbote sollen zunehmend "intelligente elektronische Verkehrsbeeinflussungsanlagen" die Fahrzeugströme regeln. Sensoren zählen an verschiedenen Stellen die Zahl und die Geschwindigkeit von acht verschiedenen Fahrzeugarten. Zeitgleich werten sie die aktuellen Wetterdaten aus. Ein Computer berechnet daraus, wann ein Verbot zu schalten ist oder Tempobegrenzungen empfohlen werden. Auch andere Warnhinweise kommen über solche Anzeigetafeln, die über der Fahrbahn als Schilderbrücken angebracht sind. "Die Anlagen ermöglichen uns, flexibel auf die aktuelle Situation zu reagieren", erläutert Zscheischler.
Als Faustregel gilt: So lange der Verkehr fließt und der Schwellenwert von 2000 Fahrzeugen nicht erreicht ist, gibt es keine Beschränkungen. Nähert sich das Durchschnittstempo der Pkw jedoch dem der Lkw, wird auch auf dreistreifigen Strecken ein Verbot aufleuchten. Auf der dreistreifigen A 4 wird der Verkehr durchweg über diese Automatik beeinflusst. Nur ein Überholverbot wurde in dieser Anlage bisher dauerhaft programmiert: Dort, wo die Prag Autobahn 13 bei Dresden an die A 4 anbindet, sind schon im letzten Stück der A 13 montags bis samstags von 7 bis 10 und 15 bis 18 Uhr Elefantenrennen untersagt.
Das sagt die Wissenschaft:
Mit dem Sinn von Überholverboten hat sich die Ruhr-Universität Bochum befasst. Sie kommt zu dem Schluss, dass ab einem bestimmten Fahrzeugaufkommen die Zeitgewinne für die Pkw volkswirtschaftlich höher zu bewerten sind als der Zeitverlust, der für Laster entsteht, wenn sie hintereinander her fahren müssen. Hinzu kommt laut Uni der Sicherheitsaspekt: Ohne Überholverbot würde sich die Durchschnittsgeschwindigkeit aller Fahrzeuge dem Tempo 80 der Brummis annähern. Das wiederum erhöht die Staugefahr und die Unfallgefahr am Stauende.
.erschienen am 02.07.2011 ( Von Gabi Thieme )
Quelle:
freiepresse