hzol 2.Administrator
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| Thema: Mutprobe S-Bahn-Surfen Do 31 Okt 2013 - 19:17 | |
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- Wenn der Tod Fahrt aufnimmt
Dietzenbach - Es gibt sie tatsächlich in Dietzenbach: Jungs, die sich aus Jux und Tollerei an eine S-Bahn hängen und mit ihr ein paar Meter zurücklegen. Manchmal sogar bis zur nächsten Station. Wir haben mit einem dieser S-Bahn-Surfer gesprochen.
Er ist 16 Jahre alt, hat mit seinem lebensgefährlichen Hobby begonnen, als er 13 war. Mit 14 hing er mit Freunden fast täglich an einem der Züge, später seltener und nur noch alleine. „Ich habe manchmal Lust drauf“, beschreibt er seine Motivation. „Es macht Spaß.“ Doch der tragische Tod des Schülers in der vergangenen Woche, der höchstwahrscheinlich beim S-Bahn-Surfen geschah, hat ihn nachdenklich gestimmt: „Nach dem, was da passiert ist, habe ich ein bisschen Angst.“
Einmal, berichtet uns der 16-Jährige, hatte er versucht, eine längere Strecke als üblich zu fahren. Das Ziel war die nächste Haltestelle. Doch er stürzte dabei und brach sich den Arm. Aus Jungen im Alter von 13 bis 16 Jahren besteht ihm zufolge die kleine Szene der S-Bahn-Surfer in Dietzenbach. Meist hängen sie sich zu zweit oder zu dritt an die Züge, lassen am selben Bahnsteig aber wieder ab, bevor das Tempo zu hoch wird. Dabei klammern sie sich zumeist am letzten Waggon an die Türgriffe, bevor der Zug losfährt; mit den Füßen können die Jungen auf den Einstiegsgittern unterhalb der Türen stehen. Allerdings, schränkt unser Informant ein, funktioniert das nur bei den alten S-Bahnen.
Verstärkung während der Hauptverkehrszeiten
Diese Züge der Baureihe 420, die einst für die Olympischen Spiele in München 1972 konzipiert worden waren, rollen auf der Strecke S 2 nur noch zur Verstärkung während der Hauptverkehrszeiten. Ansonsten fährt die neue Baureihe 423 zwischen Dietzenbach und Niedernhausen. Sie ist bequemer, leiser und klimatisiert und daher bei den Fahrgästen wesentlich beliebter. Nicht jedoch bei S-Bahn-Surfern: „Bei den neuen Bahnen geht es nicht, weil man sich nicht festhalten kann“, erklärt der 16-Jährige. Einige Unentwegte versuchten freilich auch, auf das Dach von S-Bahnen zu gelangen. Dazu brauche man aber Hilfe, da die Oberfläche zu glatt und rutschig ist, um alleine hochzukommen.
Auch wenn die Freunde des ums Leben gekommenen Schülers S-Bahn-Surfen als Todesursache ausschließen, so halten dies Polizei und Staatsanwaltschaft für wahrscheinlich. Dafür sprechen mehrere Indizien. So etwa wurde bei dem Verunglückten ein umgehängter Gummi-Schlauch gefunden, mit dem er sich an der S-Bahn eingehängt haben könnte. Eine Gewalttat ist ausgeschlossen. Die Ermittler müssen klären, was am 21. Oktober zwischen 18.45 Uhr, da soll der gläubige Muslim die Gebetsräume an der Wilhelm-Leuschner-Straße verlassen haben, und 20.55 Uhr passiert ist, als er von einem Lokführer schwer verletzt zwischen den beiden Bahngleisen – etwa ein Kilometer nördlich der Haltestelle Steinberg – entdeckt wurde.
Endstation „Dietzenbach Bahnhof“
Mitarbeiter der Kreisverkehrsgesellschaft, die in der Mobilitätszentrale direkt an der S-Bahn-Station Mitte beheimatet sind, weisen darauf hin, dass die letzte S-Bahn der Baureihe 420 im fraglichen Zeitraum in Richtung Niedernhausen fährt. Allerdings außerplanmäßig. Nachdem der Zug an der Endstation „Dietzenbach Bahnhof“ eingetroffen ist, fährt er ein paar Minuten später nach Offenbach zurück. Und zwar leer, ohne Zwischenhalt.
Wer sich von außen an diese Bahn hängt, um so zur nächsten Station zu gelangen, erlebt womöglich eine schreckliche Überraschung: Da sie nicht an den Haltestellen abbremsen muss, ist sie mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde unterwegs. Sollte der Verunglückte, der angeblich nach Heusenstamm wollte, vor seinem Sturz mit diesem Zug „gesurft“ sein, ohne zu wissen, dass er erst wieder in Offenbach stoppt? Eine Antwort darauf werden wir wohl nie erhalten. op-online |
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