Silvester-Nachtschicht bei der Eisenacher Bahn

Thema: Silvester-Nachtschicht bei der Eisenacher Bahn Sa 2 Jan 2016 - 16:24

Jensen Zlotowicz schrieb:: Brotbüchse mit Glückshormon: Silvester-Nachtschicht bei der Eisenacher Bahn

Ein Besuch bei der Silvester-Nachtschicht im Eisenacher Bahnstellwerk bietet Neuigkeiten aus Umfeld.
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Im Stellwerk in Eisenach. Foto: Jensen Zlotowicz

Eisenach. Statt Party oder einen feucht-fröhlichen Abend in Familie oder unter Freunden gab es für zahlreiche Menschen an Silvester: Nachtdienst. Ob in der Gastronomie, im Krankenhaus, bei Polizei oder Deutscher Bahn, in der Leitstelle oder dem Rettungswesen. Als die einen feierten, mussten andere arbeiten. Das traf auch auf vier Nachtdienstler im Elektronischen Stellwerk (ESTW) der Deutschen Bahn in Eisenach zu. Um 20 Uhr begann ihr Dienst.

Zum 20. Mal statteten Arbeitsgebietsleiter Gerhard Schreiner und der ehemalige Eisenacher Bahnhofs-Chef Otto Meyer den Nachtdienstlern im Stellwerk einen Silvester-Besuch ab und überreichten jeweils kleine Geschenke. Der Dienstplan wird für etwa ein Jahr im Voraus gemacht, berichten die DB-Mitarbeiter. Es sei durchaus möglich, dass man drei Jahre in Folge an Weihnachten oder Silvester Dienst hat, hieß es. Danach könne man aber auch wieder fünf Jahre aus der Verlosung sein. Insgesamt 24 Fahrdienstleiter sind im ESTW Eisenach im Einsatz.

Vor 20 Jahren, im Mai 1995, war es als zweites dieser Art in Thüringen in Betrieb genommen worden. Drei der vier an Silvester tätigen Nachtdienstler haben ihr Handwerk noch bei der Deutschen Reichsbahn gelernt. Sie sind alte Hasen im Geschäft. An den Zwischenfall mit dem Schwan vor zwei Wochen in der Oberleitung unweit der Stedtfelder Teiche können sich alle noch gut erinnern. Arbeitsgebietsleiter Schreiner betonte, dass durch diese Kollision nur zehn Minuten Verspätung entstanden und er berichtete mit einem Schmunzeln davon, was zu dieser Havarie im allgemeinen Lageplan der DB zu lesen gewesen sei: „Der Schwan hat die Mindestflughöhe der Oberleitung nicht eingehalten“.

Mit Überstundenkonto Rentenbeginn vorziehen

Beim Silvester-Besuch wurde auch über Arbeitszeiten und Ruhestandsregelungen geplaudert. Alter und Arbeit, diesem Thema widme die DB mittlerweile viel Aufmerksamkeit, sagt Gerhard Schreiner. Zum Beispiel gibt es für DB-Mitarbeiter die Möglichkeiten, sich ein Überstundenkonto anzulegen, dass sie kurz vor dem Beginn ihres Ruhestandes abbummeln können.

Ab 12. Januar werden infolge der 34-Wochen-Totalsperrung zwischen Breitengrüßbach – Ebensfeld die ICE-Linie 28 Berlin – München und zahlreiche Güterzüge über Erfurt – Eisenach – Gerstungen umgeleitet. Die ICE halten dabei allerdings nicht in Eisenach. Aufgrund dieser Bauarbeiten werden etwa 30 bis 50 Umleitungs- oder Sonderzüge mehr auf den Bildschirmen der Eisenacher ESTW-Mitarbeiter auftauchen. Das Zügeplus könne aber problemlos abgewickelt werden, hieß es.

Ab Herbst diesen Jahres beginnen zum Ausbau der Infrastruktur auf eine Streckengeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern zwischen Erfurt und Eisenach (derzeit 160 Stundenkilometern) umfangreiche Bauarbeiten. Unter anderem wird dabei auch der Bahnübergang in Schönau vor dem Walde durch eine Straßenüberführung und Personenunterführung bis Ende 2017 ersetzt.

Ab Fahrplanwechsel Dezember 2017 wird mit Inbetriebnahme der Neubaustrecke Erfurt – Nürnberg und Fertigstellung des Ausbauprojektes zwischen Erfurt und Eisenach der Bahnhof Erfurt als neuer Kreuzungspunkt der Ostdeutschen HGV-Achsen direkt und schneller an Berlin und München angebunden. Mit den neuen Fernverkehrslinien und Fahrzeiten werde es dann ein nagelneues Fahrplankonzept geben, wovon auch Eisenach profitieren werden, informierte Schreiner.

Ab Januar werden im Elektronischen Stellwerk Eisenach erstmals auch vier Lehrlinge mit dieser Technik vertraut gemacht, einer davon ist aus Eisenach. Die Ausbildungsrichtung heißt „Eisenbahner im Betriebsdienst“ und erstreckt sich über dreieinhalb Jahre.

Dieser DB-Bereich bildet aber nicht nur Fahrdienstleiter aus, sondern auch Techniker, die die Infrastruktur warten. Die DB AG bietet vielfältige Entwicklungschancen. Ein Vorzeigebeispiel, so Gerhard Schreiner, sei zum Beispiel die bundesweite duale Ausbildung von Wirtschaftsingenieuren (Bachelors) für den Bahnbetrieb, die seit 2006 in Erfurt mit verschiedenen Kooperationspartnern realisiert wird.

Dass bei der Deutschen Bahn nicht alles Gold ist, was glänzt, wissen Schreiner und auch der ehemalige Eisenacher Bahnhofschef Otto Meyer. So sehe die Sparte Güterverkehr zum Beispiel harten Zeiten entgegen. Nach Meyers Ansicht stirbt der Bereich über kurz oder lang sogar.

Unverständlich sei für ihn nur, dass andere Unternehmen mit dem Güterverkehr Geld verdienen. Da müsse bei der DB doch etwas falsch laufen, so sein Umkehrschluss.

Der von ihm initiierte Besuch des Stellwerkes an Silvester jedenfalls findet bei den Mitarbeitern wie bei Schreiner immer wieder ein positives Echo. Im DB-Geschenk verbarg sich diesmal übrigens eine Brotbüchse samt Thermobecher. Die Büchse selbst war mit „Glückshormonen“ gefüllt, kann man im Silvesterdienst gut gebrauchen.

Zur Sache : Zahlen zum Stellwerk

Das ESTW steuert den Streckenabschnitt Erfurt - Bischleben - Gotha; Gotha/Ost - Eisenach - Gerstungen. Täglich verkehren in diesem Bereich wochentags 220 bis 250 Züge. Dazu kommen etwa 350 bis 400 Rangierfahrten auf den Knotenbahnhöfen. An Wochenenden sind es etwa 50 Züge weniger und nur 170 bis 200 Rangierfahrten.

Das ESTW steuert und bedient einen 82 Kilometer langen Streckenabschnitt inklusive 13 Bahnhöfen, 7 Haltepunkten, 10 Bahnübergängen, 995 Signalen und 270 Weichen.

Die DB Netz AG gewährleistet etwa 400 Eisenbahnverkehrsunternehmen den Zugang zum Schienennetz, dies sind in Eisenach zum Beispiel die DB Schenker Railion, DB Fernverkehr, Südthüringen Bahn, Erfurter Bahn und Cantus. Seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2015 wird der Personennahverkehr in der Relation Eisenach - Erfurt/Halle von Abellio gefahren.

TLZ