Thü-Ba-In Ab und zu Poster
Geschlecht :
Sternzeichen :
Alter : 53
Anzahl der Beiträge : 36
Anmeldedatum : 15.02.14
| Thema: In Pirschheide ist der Zug abgefahren Fr 4 Apr 2014 - 0:41 | |
| Der Artikel ist zwar aus dem Jahre 2013 aber doch ganz Interessant. - Zitat :
29.07.2013 Es ist ein Ort, um ganz mit sich allein zu sein. Von der nahe gelegenen Bowlingbahn drückt beißender Rauch herüber, in der Ferne machen sich ein paar Handwerker zu schaffen. Sonst ist alles still. Man kann in Ruhe die vielen Graffiti studieren oder das Unkraut auf der abgesperrten Seite des Bahnsteigs bewundern. Zweimal in der Stunde hält ein Zug, aber das stört nicht weiter. Dann steigt vielleicht jemand ein oder aus, die Türen des knallroten Triebwagens piepsen ein bisschen, fast lautlos fährt er weiter und man ist wieder so einsam wie zuvor.
Rechts fährt gar kein Zug mehr, links hält die Regionalbahn RB 23 nach Michendorf, oben donnern Güterzüge und die RB 22 aus Schönefeld vorbei. Quelle: MAZ/BERND GARTENSCHLÄGER Das ist der Bahnhof Potsdam-Pirschheide an einem normalen Nachmittag. Für einen Bahnhof, an dem üblicherweise das Leben pulsiert, eher überraschend: Immerhin war Pirschheide bis 1993 Potsdams Hauptbahnhof und eine der wichtigsten Stationen des Berliner Außenrings. Heute ist der Haltepunkt nur noch eine Ruine. Auf den oberen zwei Gleisen donnern die Güterzüge vorbei, von den unteren beiden ist eines stillgelegt, auf dem anderen verkehrt die Regionalbahn RB 23 von Potsdam nach Michendorf (Potsdam-Mittelmark).
Dem Bahnhof selbst hat die Deutsche Bahn nur das gelassen, was eine Station ihrer Meinung nach unbedingt braucht: einen Fahrplan, eine Bank, vier karge Sitzschalen aus Lochblech und zwei Abfalleimer. Es gibt keinen Warteraum, keine Toiletten, keinen Fahrkartenautomaten, keinen Kiosk. Auch die abfahrenden Züge werden nicht angezeigt. Stattdessen sagt ein digitales Laufband nur monoton: „Zeit: 14:08 Uhr“.
Für Frank Böhnke vom Deutschen Bahnkunden-Verband ein gutes Beispiel dafür, „wie so was herunterkommt, wenn sich keiner darum kümmert“. Bei der Deutschen Bahn sieht man das natürlich anders. Seit 1994 wird das ehemalige Staatsunternehmen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt. „Das bedeutet nicht immer das Maximum für den Kunden“, räumt Sprecher Gisbert Gahler ein. „Man muss einen Kompromiss schließen.“
So sei es nicht ratsam, einen Bahnhof mit Personal auszustatten, „das sich weitgehend langweilt, weil nur alle drei Stunden ein Zug kommt“. Deswegen hat die Bahn die 317 Brandenburger Stationen in sieben Kategorien eingeteilt. Service-Mitarbeiter sind nur in den beiden ersten Kategorien vorgeschrieben, eine Information über das Ziel eines Zuges nur in den ersten drei. Und selbst die früher obligatorische Bahnhofsuhr kann bei kleinen Haltepunkten entfallen. „Wenn es sich nicht rechnet, kann man nichts machen“, zuckt Gahler die Achseln.
Die Bahn konzentriert sich nach seinen Worten darauf, dass es ein Schild mit den Namen des Bahnhofs gibt, dass Reisende bei schlechtem Wetter „nicht im Regen stehen“ und dass sie einigermaßen bequem in den Zug einsteigen können. Das bedeutet auch Barrierefreiheit für Behinderte – so hat Pirschheide 2006 eine rollstuhlgerechte Rampe bekommen. Für Frank Böhnke vom Bahnkundenverband nicht genug. „Der Zustand der Brandenburger Bahnhöfe? Der ist in der Regel schlecht“, sagt er.
Am meisten ärgert sich Böhnke über unzureichende Informationen. So sei der Fahrplan nicht immer aktuell oder es fehle der Wegweiser zur Bushaltestelle. Auch Unterstellmöglichkeiten seien knapp: „Es genügt nicht, einen Unterstand aus Blech hinzubauen, wo fünf Leute reinpassen. Das ist keine Qualität.“ Auch vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hagelt es Kritik. Auf vielen kleineren Brandenburger Bahnhöfen seien die Bedingungen „nicht akzeptabel“, klagt VBB-Sprecherin Elke Krokowski.
Wohin es führt, wenn kein Geld mehr da ist für Bahnhöfe, kann jeder in Potsdam-Pirschheide besichtigen. Der einzige Bahnsteig gleicht mehr einem dusteren Gruselkabinett als einem Ort, wo Menschen gern verweilen würden. Die früheren Treppenaufgänge sind zugemauert, die Wände mit bunten Graffiti übersät, ganze Bahnsteigteile abgesperrt. Dabei wird es vorerst auch bleiben. Das „Perspektivnetz“ des Landes sieht zwar vor, den oberen Bahnhofsteil zu reaktivieren und die Regionalbahn RB 22 Schönefeld – Golm in Zukunft einmal dort halten zu lassen. Das ist bisher aber nur ein frommer Wunsch.
Und so ist man in Potsdam-Pirschheide meist mit sich allein. Der Zug ist abgefahren, der Bahnsteig leer, nur das Laufband sagt ausdruckslos: „Zeit: 14:35 Uhr“. Und dann kommt doch noch ein älterer Herr vorbeigeschlendert. Aber der Zug ist doch gerade weg! „Weiß ich“, sagt er. „Ich geh’ hier nur spazieren.“ (Von Klaus Stark)
Eine Bank, ein Fahrplan, zwei Abfalleimer. Während des Kalten Krieges war Pirschheide sogar Potsdams Hauptbahnhof
Der Bahnhof Potsdam-Pirschheide verdankt seine Existenz letztlich der Teilung Deutschlands. Er entstand an der Kreuzung der Linie Potsdam – Seddin mit dem Berliner Außenring, der dazu diente, West-Berlin zu umfahren.Am 18. Januar 1958 wurde er als „Potsdam Süd“ eingeweiht, Anfang der 1960er Jahre umbenannt in „Potsdam Hauptbahnhof“. Auf der oberen Etage verkehrten legendäre „Sputnik“-Doppelstockzüge.Nach der Wiedervereinigung benutzte der Fernverkehr wieder die Berliner Stadtbahn und der Bahnhof verlor an Bedeutung. Heute hält dort nur noch die RB 23, die RB 22 fährt ohne Stopp durch. kra MAZ |
|
Achim Die gute Seele des Forums
Hausstrecke : Erfurt - Arnstadt - Schleusingen und ex Schleiz - Saalburg/Saale
Laune : Meistens gut
Geschlecht :
Sternzeichen :
Alter : 73
Anzahl der Beiträge : 236
Anmeldedatum : 02.04.11
| Thema: Re: In Pirschheide ist der Zug abgefahren Mi 3 Aug 2016 - 22:29 | |
| Ich war 1967 und 1978 auf dem Potsdamer Hauptbahnhof. Junge, Junge, was war dort damals für ein Betrieb gewesen! Außerdem hielt unmittelbar vor dem EG die Straßenbahn, so daß günstiger Anschluß ins Stadtzentrum bestand. Der heutige Zustand ist mehr als beschämend, noch dazu, wo sich Potsdam mit dem Titel "Landeshauptstadt" schmückt! Ob die Erhebung von Potsdam-Stadt zum Hbf diesen schlimmen Zustand wettmachen kann? Sicher nicht und zudem handelt es sich dabei eher um ein Kaufhaus mit Gleisanschluß für den Kundentransport. |
|